Manchmal steht man einfach auf dem Schlauch. Ist mit der Nase so dicht dran, dass man den Wald vor Bäumen nicht mehr sieht. Läuft und läuft auf immer gleiche Weise im Hamsterrad oder zäumt ein ums andere Mal das Pferd von hinten auf. Und dann denkt man, vielleicht gibt es noch eine andere Art, die Dinge geregelt zu bekommen – wenn man nur etwas Zeit hätte, einmal darüber nachzudenken.

Ein wunderschönes Beispiel wird hier beschrieben:
„Hier kommt nun Eduard Bär die Treppe herunter, rumpeldipumpel, auf dem Hinterkopf, hinter Christopher Robin. Es ist dies, soweit er weiß, die einzige Art treppab zu gehen, aber manchmal hat er das Gefühl, als gäbe es in Wirklichkeit noch einen andere Art, wenn er nur mal einen Augenblick lang mit dem Gerumpel aufhören und darüber nachdenken könnte. Und dann hat er das Gefühl, dass es vielleicht keine andere Art gibt. Jedenfalls ist er jetzt unten angekommen […]. Winnie-der-Pu.“ [1]

Na, ertappt? Wie oft bin ich schon – rumpeldipumpel – im metaphorischen Sinne – derart die Treppe herabgekommen. Langsam ist es Zeit für einen

STOP!

Timothy Gallwey spricht in seinem Buch ‘Inner Game Coaching’ [2] in diesem Zusammenhang von Handlungsautomatismen und stellt sich die Frage, wie wir uns vom Tunnelblick unserer Automatismen abkoppeln können. Er empfiehlt STOP – als das beste Tool der Welt. Das Akronym steht bei ihm für:

Step back … Tritt einen Schritt zurück
Think … Denk nach
Organize your thoughts, and … Ordne deine Gedanken und
Proceed … Fahre fort

Gallwey empfiehlt diese STOPs zu allen möglichen Gelegenheiten: “Ein STOP kann beliebig lange dauern. Für einen kurzen STOP genügen schon ein paar Sekunden. Zum Beispiel: Während sie an einem Projekt arbeiten, klingelt das Telefon. […] Ein Zweisekunden-STOP ermöglicht Ihnen, sich zu fragen, ob Sie in diesem Moment wirklich abnehmen wollen. […] Ein mittlerer STOP gibt Ihnen Zeit, über eine Situation nachzudenken und sie zu bewerten, bevor Sie (wieder) aktiv werden. […] Von Zeit zu Zeit sollten Sie sich einen großen STOP gönnen, um Ihre Themen aus einer eher strategischen Perspektive zu betrachten.” [2]

Wem das noch zu akademisch klingt, für den gibt es im folgenden konkretere Handlungsanweisungen. In einer freien Übersetzung des Vorworts in Howard Chapelle: Boatbuilding, New York 1941 [3] fand ich folgenden Hinweis für Bootsbauer, der im wahrsten Sinne des Wortes in die gleiche Kerbe haut:
“In jeder Bootswerkstatt sollte ein bequemer Sessel als “Sorgenstuhl” stehen, von dem aus das Boot betrachtet werden kann, wo der Bootsbauer sitzen, rauchen, Kautabak kauen, trinken oder fluchen kann, je nach den Erfordernissen des Augenblicks. Hier sollte er oft sitzen und über die nächsten Arbeiten nachdenken.
Die Baupläne sollten zur Hand sein, und hier kann er seine Arbeit vorbereiten. Indem er so vorgeht, wird er häufig Fehler erkennen, bevor sie wirklich ernsthaft werden, und so dem Fluch aller Amateurbootsbauer entgehen: einen Abschnitt zu beginnen, bevor man wirklich weiß, was getan werden muss, um es richtig zu tun.”
 [3]

Also STOP! Raus aus dem Hamsterrad. Abstand gewinnen, bis man mal wieder Bäume und Wald sieht. Und mit diesem Abstand die Dinge aus einem neuen Blickwinkel, einer neuen Perspektive betrachten. Nach Handlungsalternativen suchen. Denn: Wenn wir uns diese Zeit nicht nehmen, nicht ab und zu mal STOP! denken oder rufen, dann ergeht es uns immer wieder wie Pu dem Bären, der hier die Treppe auf eben die Art wieder hinaufgeht, auf die er anfangs herabgekommen ist:

“Er seufzte ganz tief, hob den Bären am Bein auf und ging zur Tür, wobei er Winnie-den-Pu hinter sich herzog. […] und einen Augenblick später hörte ich Winnie-den-Pu – rumpeldipumpel –, wie er hinter ihm die Treppe hinaufging.” [1]

Literatur:
[1] A. A. Milne: ‘Pu der Bär’ Gesamtausgabe, übersetzt von Harry Rowohlt, Hamburg 2009
[2] W. Timothy Gallwey: ‘Inner Game Coaching’, allesimfluss-Verlag 2010
[3] Howard Chapelle: ‘Boatbuilding’, New York 1941
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